Immer mehr Menschen in der Bundesrepublik befassen sich mit ihrer Gesundheit. Die einen wollen gesund werden und die anderen gesund bleiben. Dabei setzt sich immer mehr das Verständnis durch, dass zum gesunden Körper auch die gesunde Seele gehört.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschreibt Gesundheit als, einen Zustand vom vollständigen physischen, mentalen und sozialen Wohlbefinden und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit oder Behinderung.“ Was bedeutet das für jeden, der sich mit seiner Gesundheit beschäftigt? Er oder sie muss sich in einem Dschungel von Therapieformen und Heilmethoden zurechtfinden. Jutta S. (Name von der Redaktion geändert) hat eine Therapieform gefunden, die für sie die Elemente Körper und Seele enthält.
Kennen gelernt hat Jutta S. die biodynamische Körperpsychotherapie während ihrer Kur. Nach einem Verkehrsunfall heilten zwar die Schnittwunden an den Händen und Armen gut und der rechte Oberarm war nach dem Gips wieder voll beweglich. Doch die Schmerzen im Arm wollten nicht aufhören und bescherten Jutta S. schlaflose Nächte. Die Behandlungen in der sechswöchigen Kur bei einer biodynamischen Körperpsychotherapeutin brachten Jutta S. in den Kontakt mit ihrem Arm und dem traumatischen Erlebnis des Unfalls. In der biodynamischen Körperpsychotherapie wird mit dem Ansatz gearbeitet, dass körperliche und seelische Ereignisse sich im Körper als Erinnerung festsetzen. Das können Erfahrungen aus der Kindheit oder anderen Lebensabschnitten sein. Menschen erfahren im persönlichen oder beruflichen Umfeld vielleicht Überforderung, Ablehnung, mangelnde Wertschätzung, Kränkung oder ähnliches. Auch eine traumatische Situation kann eine schwierige Erfahrung sein. Diese Stressfaktoren setzen sich im Körper als Erinnerung fest, und äußern sich auf unterschiedlichen Ebenen als Blockaden. Das kann in den Muskeln, in den Gelenken und im Bindegewebe sein. Bei Jutta S. hatte sich die Erinnerung an den Schmerz direkt nach dem Unfall festgesetzt. Biodynamische Körperpsychotherapeuten arbeiten meistens während der Behandlung mit dem Stethoskop. Dabei wird das Stethoskop auf der Darmregion platziert. Lösen sich Verspannungen zum Beispiel in den Gelenken und Muskeln, ist ein recht lautes Gluckern im Darm zu hören. „Unverdaute“ Erfahrungen werden auf diese Weise "verdaut" beziehungsweise durch die Massage weggeschmolzen; also der natürliche Kontakt zum Körper wird wieder hergestellt. Neu war für Jutta S., dass eine Massage am Kopf und speziell an den Schläfen zu einem permanenten Gluckern im Darm führte. Nach jeder Behandlung wurde der Schmerz im Arm deutlich weniger. Für das Lösen von Blockaden bei Gefühls- und Körperempfindungen wenden biodynamische Körperpsychotherapeuten viele unterschiedliche Therapiemethoden an. So ist eine genau abgestimmte und individuelle Therapie möglich. Damit wird der Selbstheilungsprozess aktiv gefördert. Das hat Jutta S. während der Kur erfahren. Sie gönnte sich noch vier biodynamischen Sitzungen nach der Kur und ist seitdem frei vom Armschmerz. Während dieser vier Sitzungen arbeitete die Therapeutin mit inneren Bildern, Massage und Atemübungen. Als Nebeneffekt beschreibt Jutta S. ein deutliches Gefühl von mehr Lebensenergie.
Eine andere Erfahrung erzählt Michael H. (Name von der Redaktion geändert)
„Es ist April und seit drei Jahren bekomme ich den sogenannten Heuschnupfen. Meine Augen haben diesen Juckreiz, der den Wunsch beherbergt, die Augen rausnehmen zu können und auszuspülen. Körperlich sind keine anderen Probleme vorhanden. Auf der geistigen Ebene trainiere ich gerade, dem Berg an Arbeit mal mit Langsamkeit zu begegnen. Das heißt eine Form der Gelassenheit bewusst zu erzeugen, was, wie jedes Training, am Anfang sehr schwer fällt. Im gemeinsamen Gespräch entscheiden wir, dass wir uns den Schultern und ein wenig den Beinen zuwenden. Die Therapeutin hat die Idee, dass im Frühling alles nach außen drängt und die Allergie eine Äußerung sein könnte. Na, vielleicht. Jedenfalls erweist sich die Entscheidung der Schultermassage als gelungen. Mit dem Auflegen der Hände auf die Schulterblätter verschwindet spontan der Juckreiz und kommt erst am Abend um 17.00 Uhr zurück. Die Massage tut gut. Die Idee taucht auf, dass die Verknüpfung von Körperteilen mit Bildern ein immer noch sehr guter Weg ist, Probleme lösen zu können.“
Für Michael H. ist die Vermutung zur Bestätigung geworden. Seine Symptome des Heuschnupfens sind unter der biodynamischen Behandlung deutlich verringert worden. Es war das erste Frühjahr, in dem er ohne Medikamente ausgekommen ist. Michael H. beschreibt den Kontakt zur Therapeutin als sehr vertrauensvoll, kreativ und konstruktiv, was ihm in seiner persönlichen Dynamik sehr entgegen kam. Eine Grundannahme in der biodynamischen Körperpsychotherapie ist, dass sich der Mensch und damit der Körper den guten und negativen Situationen anpasst, um so eine Überlebensstrategie zu sichern. Damit wird unter Umständen ein Teil der Persönlichkeit aufgegeben. Die Lebendigkeit und die Energie des Körpers werden stark beeinträchtigt und blockiert. Das heißt dann auch, nur eingeschränkt handlungsfähig zu sein. Michael H. hat durch die Erfahrung mit der Therapeutin entschieden, sein Stressempfinden am Arbeitsplatz ebenfalls mit der biodynamischen Körperpsychotherapie zu bearbeiten. Er will eine ausgewogene Balance zwischen sich und seiner Arbeit herstellen. Für ihn bedeutet das, durch seine Körpersignale und – Empfindungen zu lernen, die Wahrnehmung für seine eigenen Belange wieder zu fühlen.
Heute wird diese Form der biodynamischen Körperpsychotherapie für Erwachsene, Kinder und Jugendliche angewendet. Themen der Therapie sind traumatische Erlebnisse, Stresse, Ängste, Schmerzen, Schlaflosigkeit, Schulprobleme, Blockierung der Verdauung und der Atmung, Stoffwechselstörungen und vieles mehr. Nach Mona Lisa Boyesen bedeutet diese Therapieform, "den Schmerz nicht immer wieder erfahren zu müssen, sondern die Lebensfreude hinter dem Schmerz entdecken zu können."
Gerda Boyesen
Die biodynamische Körperpsychotherapie wurde hier in Europa von der Norwegerin Gerda Boyesen, Jahrgang 1922, entwickelt. Als Diplompsychologin und Physiotherapeutin interessierte sie sich für die organischen Verbindungen von Körper und Psyche. Die biodynamische Körperpsychotherapie ist eine tiefenpsychologisch fundierte körperorientierte Therapieform und basiert auf den frühen Libidotheorien Freuds sowie den Arbeiten von C.G. Jung und Wilhelm Reich. Für Gerda Boyesen ist die Kraftquelle des Körpers eine natürliche, spontan fließende Bewegung der Lebensenergie. Zusammen mit Ihren Kindern Ebba, Mona Lisa und Paul entwickelte sie einen breiten Fächer von differenzierten Methoden und Theorien. Mehrere hundert Therapeuten arbeiten in der Bundesrepublik mit dieser Methode.
Artikel von Christiane Tobschall